BAföG in 2021
Interview mit Abteilungsleiter Christian Gröger-Hafermann
Herr Gröger-Hafermann, können Sie nach fast zwei Jahren Pandemie feststellen, ob diese einen Einfluss auf die BAföG-Antragszahlen hat?
Die Gesamtanzahl der bearbeiteten Anträge im Vergleich zu Vor-Corona-Zeiten ist leicht gestiegen; hierbei stieg vor allem die Anzahl der Erstanträge. Die Anzahl der Folgeanträge hat sich zwischen 2019 – 2021 mehrfach verändert, was an der Einführung der „Corona-Semester“ im Land Berlin aufgrund von § 126a BerlHG liegt – die Verlängerung der Regelstudienzeit brachte vor allem 2020 einen erheblichen Anstieg an Verlängerungsanträgen, der in 2021 wieder gesunken ist. Während die Anzahl der Anträge im Vergleich zu 2021 leicht zurück ging, ist die Anzahl der geförderten Studierenden gestiegen.
Im BAföG-Amt wurde ein Home-Office-Pilot durchgeführt. Wie sieht dieser konkret bei Ihnen aus und wie wurde dieser angenommen?
Ursprünglich planten wir für Anfang 2021 den Start einer Pilotarbeitsgruppe mit nur wenigen Mitarbeiter*innen. Dann wurde jedoch seitens des Landes signalisiert, dass dieses Pilotprojekt für alle Interessierten angeboten werden soll – zwischenzeitlich mehr als 100 Mitarbeiter*innen des Amtes am Projekt nun teil.
Das Projekt wurde von allen Beteiligten gut aufgenommen. Neben der Tatsache, dass die notwendige und sehr kurzfristige Beschaffung der notwendigen Hardware, der IT-Support und die entsprechende (Eigen)Organisation in der Mitarbeiterschaft vorbildlich gelaufen ist, ist festzustellen, dass sich die Bearbeitungszeiten nicht verlängert haben – die Einführung hat maßgeblich zur Sicherung der Finanzierung der Studierenden in der Pandemiezeit beigetragen.
Allerdings gibt es auch weiterhin erheblichen Verbesserungsbedarf: So hinkt die Digitalisierung weiterhin hinterher; so gibt es bislang keine e-Akte, was insbesondere den persönlichen Hin- und Hertransport der Akten notwendig macht und zu entsprechenden Schwierigkeiten führt. Und nach wie vor müssen alle online übersandten Dokumente zum Zwecke des Einheftens in die körperliche Akte ausgedruckt werden.
Im Herbst 2021 wurde gewählt, die neue Bundesregierung hat eine umfassende BAföG-Reform in Aussicht gestellt. Was wäre Ihnen bei so einer Reform wichtig?
Hören und lesen kann man über beabsichtigte Änderungen viel – und das meine ich wörtlich. Ganz sicher benötigt das BAföG keine kosmetischen Eingriffe, also das pure Stellen an der Geldschraube, sondern es sind tiefgreifende systemische Änderungen notwendig. So wäre es sicherlich hilfreich, im Bereich der persönlichen/ausbildungsbezogenen Grundentscheidungen für mehr Gesetzesklarheit zu sorgen.
Die Vorstellungen, die Altersgrenze (weiter) zu erhöhen oder einen elternunabhängigen Förderungsanteil zu implementieren sind sicherlich interessante Vorschläge, aber gerade der Bereich des Zusammenspiels von BAföG und zivilrechtlichem Unterhaltsrecht ist sehr sensibel und muss mit Augenmaß neuen Anforderungen etc. angepasst werden.
Christian Gröger-Hafermann,
Abteilungsleitung BAföG
Foto: Christian Gröger-Hafermann / stW BERLIN